Valerans Tagebuch #9

09.01., Schon der dritte Tag in Folge, an dem wir nicht auftreten. Abgesehen davon, dass wir nichts verdienen, langweile ich mich schrecklich.
10.01., Ich habe Jérome gesagt, dass ich eine Vorstellung ohne ihn geben werde, wenn er sich keine Zeit nimmt. Es scheint ihn überhaupt nicht interessiert zu haben. Er hat nur noch dieses „Theater“ im Kopf.
11.01., Vormittags sprach ich in einem der Gasthäuser vor, in dem wir schon einmal aufgetreten waren. Der Wirt hatte nichts dagegen einzuwenden, dass ich eine Solo-Vorstellung gebe. Ich fürchte, ich habe Lampenfieber.
12.01., Ich weiß nicht, soll ich mich ärgern oder schämen? Bei meinem Auftritt gestern abend war ich so aufgeregt, dass ich unnötig viele Fehler machte. Zudem ist mein Flötenspiel ohne Jéromes Stimme reichlich dünn. Das Publikum beachtete mich kaum, als sei meine Musik nur ein Hintergrundgeräusch. Auch meine Einnahmen blieben deutlich hinter meinen Erwartungen zurück. Wenigstens war der Wirt sehr nett und meinte, ich dürfe jederzeit wieder bei ihm auftreten.
13.01., Habe den ganzen Tag gegrübelt, was ich an meiner Vorstellung verbessern könnte. Ich fürchte, meine Musik klingt nur im Duett oder in einer Gruppe wirklich gut. Ich werde wohl doch Jérome um Unterstützung bitten müssen.
14.01., Jérome versprach mir, dass wir bald wieder gemeinsam auftreten, sobald er Zeit dafür hat. Er gab mir auch Geld, das er als Vorschuss bekommen hat. Offenbar hat er einen Financier gefunden, der bereit ist, den Bau und auch alle seine Kosten zu bezahlen.
15.01., Was soll ich nur den ganzen Tag mit mir anfangen? Ich über zwar fleißig mit meiner Flöte, aber mir fehlt Gesellschaft. Jérome kommt immer erst spät in der Nacht in unser Zimmer zurück.
16.01., Eigentlich habe ich ja keine Lust, zu einem Abendessen mit den Geldgebern des Theaters zu gehen, obwohl Jérome mich gebeten hat, mit zu kommen. Aber ehe ich ganz versauere…
17.01., Mich friert innerlich noch immer. Weil Jérome darauf bestand, ging ich mit zu dem Abendessen mit seinem Sponsor. Der Mann jagte mir alleine durch seinen Blick eisige Schauer den Rücken herunter. Und die Dame, die ihn begleitete, war auch nicht besser. Sie sah Jérome mit ihren Augen, dunkel und tief wie bodenlose Brunnen an, als wolle sie verschlingen. Ich glaube ich kenne sie irgendwoher. Aber ihr Name, Alexandra Ivliskova, sagt mir nichts.
18.01., Mir ist nicht nur äußerlich kalt, ich bin auch schrecklich erkältet, muss das Bett hüten.
19.01., Ich zermartere mir noch immer den Kopf, wo ich diese Alexandra schon einmal gesehen habe. Sie muss damals eine andere Form ihres Namens benutzt haben.

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