Valerans Tagebuch #11

23.01., Mein Hals schmerzt noch ein wenig, Nachwirkungen der Erkältung nehme ich an. Aber gegenüber Jérome geht es mir prächtig. Er sieht erschreckend ungesund aus und ist ständig müde und erschöpft. Erst gegen Abend lebt er auf. Und trotz meiner Bitten sich zu schonen, kann nichts ihn davon abhalten, jede Nacht zu den Verhandlungen über das neue Theater zu gehen. Sie ständen kurz vor dem entscheidenden Durchbruch, sagte er mir, und wenn er jetzt nicht weiter mache, würde ein anderer die künstlerische Leitung bekommen.
Wenigstens trägt Jérome, ohne dass ich ihn darum bitten musste, in letzter Zeit immer einen Schal oder ein Halstuch, um sich gegen die Kälte zu schützen. Einen letzten Funken seines Verstandes scheint er also noch beisammen zu haben.
24.01., Jérome kam heute nicht nach Hause. Beunruhigt lief ich durch die Stadt, um ihn zu finden. Aber niemand will ihn gesehen haben. Auch nicht in dem Gasthaus, wo der Financier abgestiegen ist. Ich bin in großer Sorge um ihn.
25.01., Die Leute in der Stadt wirken wie eine verängstigte Schafherde. Rings um den Ort treiben große, hungrige Wolfsrudel ihr Unwesen. An den Stadträndern werden nachts helle Wachfeuer entzündet und Bewaffnete gehen Patrouille. Ich denke, wir sind hier sicher, aber ich habe gehört, dass einsame Reisende und Bewohner allein stehender Gehöfte bereits Opfer der Bestien wurden.
26.01., Heute brachte man mir einen Brief von Jérome. Er schreibt, er sei abgereist, um Künstler für das Eröffnungsprogramm zu engagieren. Ich solle auf ihn warten. Eine größere Geldsumme war für mein Auskommen beigelegt. Hat er denn nicht von der Gefahr durch die Wölfe gehört? Ich habe Angst, dass ihm etwas geschehen könnte!

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