Wenn man nicht alles selber macht

Simen Tertres schäumte vor Wut. Erst hatte er sich die halbe Nacht mit den unfähigen und unwilligen Ratsmitgliedern herumgeschlagen, die einfach nicht einsehen wollten, dass sie ihn sofort zum nächsten Sprecher machen mussten. Ständig hatten sie die gleichen, falschen Argumente wiederholt: dass man abwarten müsse, wie sich die Situation entwickle, dass man keine überstürzten Entscheidungen treffen solle, dass man vor der Wahl des Sprechers erst alle Kandidaten auf ihre Eignung prüfen müsse. Als ob es andere Kandidaten oder überhaupt Alternativen zu ihm gäbe! Pah! Erst als er versprochen hatte, dass er die Mörder Maladete Gilvis zur Strecke bringen würde, hatte eine Mehrheit der Mitglieder sich bereit erklärt, ihn bei der Wahl zu unterstützen – wenn er diesen Vorsatz in die Tat umsetzte.
Darum, als sich alle zur Ruhe begeben hatten, hatte er stattdessen die Beschwörung vorbereiten müssen. Seine teuerste Schriftrolle und wertvolle Zaubermaterialien hatte er verbraucht, um seinen Verbündeten an sich zu binden.
Und schließlich bei Sonnenaufgang, als er dachte, er könne endlich ins Bett gehen, diese Nachricht! Wie in einem aufgeschreckten Ameisenbau rannten alle durcheinander. Und wieder einmal hatte niemand daran gedacht, ihn als Ersten zu informieren. Wenn er erst Sprecher wäre, würde er strengste Regeln erlassen, dass nichts ohne seine persönliche Einwilligung geschehen dürfte. Wenn er Sprecher wäre. Das konnte noch lange dauern.
Wie konnten diese impertinenten Eindringlinge nur so versagen? Sie hatten die Burg verlassen und Maladetes Leichnam einfach so liegen lassen. Natürlich hatte man ihn geborgen und im Tempel hatte man sie wiederbelebt. Oh, wenn man nicht alles selbst machte! Das Schlimmste aber war, dass er den anderen Magiern gegenüber Erleichterung und Freude über Maladetes Rettung heucheln musste.
Irgendjemand musste für diese Erniedrigung bezahlen! Der ganze Aufwand, den er betrieben hatte, sollte nicht umsonst gewesen sein. Wenn er schon nicht für die Rache von Maladetes Tod zum Sprecher gewählt würde, dann wollte er zumindest die Rache für seine Enttäuschung auskosten. Die Fremden sollten dafür bluten. Aber ja, er hatte Geduld und war schon mit kleinen Erfolgen zufrieden. Das Wichtigste war zu überleben. Alles andere würde sich ergeben.

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