Diarium

Ich bin angekommen. Die Halle scheint mir, nachdem ich alle über sie verfügbaren Berichte und Beschreibungen so intensiv studiert habe, vertraut, als sei ich bereits einmal hier gewesen. Ich werde mir zunächst einen kleineren, sicheren Raum suchen, in dem ich Funde untersuchen und ruhen kann.
Seltsame Kreaturen treiben hier ihr Unwesen. Sie ähneln Zwergen, sind allerdings völlig haar- und bartlos, tragen bläuliche Stahlrüstungen und ebensolche Waffen, sind aber entweder externarer oder untoter Natur. Ihre totenbleiche Haut wird von Eiskristallen durchbrochen, als ob ihr Inneres gefroren wäre.
Ich machte den Fehler, mit Ihnen kommunizieren zu wollen. Ohne mich anzuhören, griffen sie an. Ein Speer aus rasiermesserscharfem Eis verwundete mich und hinterließ eine brennende Kälte in meinen Gliedern. Einen von ihnen konnte ich mit Feuer vernichten. Doch hüllten sich die anderen daraufhin in kalte Flammen, die sie vor Hitze schützen.
Es wäre sicher lohnend, sie zu studieren, aber dies ist nicht der Grund, weshalb ich heute hier bin. Ich werde später mit Unterstützung zurückkehren, um dies nachzuholen. Vorläufig aber werde ich ihnen aus dem Weg gehen. Leider wird dies meine Suche schwieriger gestalten, als ich gehofft habe.
Der direkte Zugang zu den Manufakturen, in denen die Meisterschmiede und die Magier gemeinsam ihre Werke schufen, ist eingestürzt. Ich bin nicht sicher, was diese Katastrophe auslöste, aber ich vermute, dass es sich um einen Verteidigungsmechanismus der Zwerge handelte, der während der Evakuierung ausgelöst wurde. Da keine Pläne der Gänge und Räume mehr existieren, muss ich auf gut Glück eine alternative Route finden, um das Wissen zu bergen, das dort lagert. Wenn man in tiefere Ebenen vordringt, wird die Luft wärmer. Dort liegen die Essen, in denen das Erz geschmolzen und die Rohlinge hergestellt wurden. Das ist kein Ort, an dem ein Magier Geheimnisse bewahrt.
Abgeschnitten vom Tageslicht weiß ich nicht, wie viele Tage draußen vergangen sind. Hier drinnen habe ich viele frustrierende Stunden verbracht und drei Mal geruht. Die Manufakturen scheinen einen separaten Teil der Zwergenhöhle zu bilden, der nur über einen einzigen Zugang mit den anderen Einrichtungen verbunden war. Und dieser ist durch den Einsturz so dicht verschlossen, dass ich ihn nicht einmal in Gasform durchqueren kann.
Meine Kenntnisse der zwergischen Architektur sagen mir, dass es mindestens einen geheimen Notausgang geben muss. Doch will es mir nicht gelingen, diesen zu finden. Eine systematische Suche kann ich nicht riskieren, solange diese blaugerüsteten Krieger herumstreifen. Achtmal stieß ich bereits auf sie und es wird immer schwieriger, ihnen zu entkommen. Sie lernen dazu. Was ungewöhnlich ist, denn ich bin mittlerweile fast sicher, dass es sich um Untote handelt.
Ich fürchte fast, ich werde meine Mission abbrechen und mit Verstärkung zurückkehren müssen. Aber wem kann ich mich anvertrauen? Sobald bekannt wird, dass ich das Geheimnis, wie man magische Ringe erschaffen kann, wieder entdecken möchte, werde ich den Zorn der Götter wecken. Jeder Gläubige würde mich alleine schon dafür, dass ich es versuche, töten wollen. Doch wenn ich jetzt aufgebe, wäre alles, was ich bisher erreicht habe, ohne Sinn und Nutzen.
Mein halbes Leben habe ich die Geschichte von Martos studiert und bin sicher, dass ich die Schatzkammer in seiner Kuppel öffnen kann. Doch was würde ich dadurch gewinnen, wenn ich nicht den einen Ring an der Hand trage, mit dem ich das Schiff aktivieren kann?
Nach langen, reiflichen Überlegungen bin ich zum Schluss gekommen, dass ich noch einen Versuch wagen werde. Dann kehre ich nach Hause zurück und plane eine größere Erkundungsmission. Die Untoten scheinen mich einzukreisen und kommen langsam näher. Ich fürchte, dass diese kleine Kammer, in die ich mich zurückgezogen habe, nicht mehr lange sicher ist. Ich werde noch einmal ausruhen, um meine vollen Kräfte einsetzen zu können, dann breche ich zur letzten Suche auf.

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